Review< Zurück 03.03.2010
Von Nick Gruber
Der ostdeutsche Undercoverjournalist Günter Wallraff wurde durch moderne Airbush-Methode zum Schwarzen gemodelt und versuchte sich ein Jahr lang gerecht behandeln zu lassen. Soviel sei vorweggenommen. Besonders oft war das nicht der Fall.
In der Grazer Stadthalle, vor 4000 Schülern und Lehrlingen, da begrüßten am 2. März der Filmemacher Alfred Schwarzenberger und AK-Stmk Präsident Walter Rotschädl den hageren deutschen Investigativjournalisten Günter Wallraff - und der nutzte gleich die Gelegenheit, um beherzt zum Aktivismus aufzurufen: "Die Angst um den Arbeitsplatz macht Menschen ratloser und wehrloser. Aber wenn wir dagegenhalten müssen, dann jetzt. Denn durch die Wirtschaftskrise ist alles ins Rutschen geraten."
Und ihm nimmt man den Mut zur Hoffnung auch völlig ab - man staunt schließlich nicht schlecht, wenn man ihn zum ersten Mal mit Afro und dunkelbrauner Haut zu Gesicht bekommt. Eine neue Sprühtechnik macht die Täuschung überhaupt erst möglich, und wenn sich danach die traurige Wahrheit vor einem ausbreitet - da staunt man gleich umso mehr.
Mit Knopflochkamera ausgestattet stellt er sich einigen Alltagsaufgaben. Er versucht eine Wohnung zu finden. Eine goldene Uhr zu kaufen. Sucht nach Beeren während einer Wanderung in einer Seniorengruppe oder möchte seinen Hund beim örtlichen Club auf Personenschutz abrichten lassen - er sei schon mehrmals von Skinheads angegriffen worden.
In den meisten Fällen steht auch Regisseur Pagonis Pagonakis als unbeteiligter Beobachter (mit Brillenkamera) in der Gegend und nutzt die Gelegenheit, die Beteiligten per small-talk zu einem Kommentar zu bewegen.
"Deutschland den Deutschen. Afrika den Affen." - Fussballfan
Was zu Tage tritt ist eine Doppelzüngigkeit die sich durch alle Generationen zieht. Dazu gesellt sich ein charakterlicher Giftmix aus Angst, Missgunst und Scheinheiligkeit. Einige Beispiele: Die Vermieterin lässt ihn die Wohnung nicht haben ("Der is so schwarz wie Heid Klum ihrer.") Die Juwelierin hat Angst die goldene Uhr aus der Hand zu geben. Der Verwalter es Campingplatzes meint, die anderen Camper wollen keine Zigeuner um sich herum haben. Und schließlich verlangt der Chefnazi aus der Eschenlaube von Wallraff gleich 300 Euro um den Hund in den Club aufnehmen zu können - wohlgemerkt kostet der Jahresbeitrag für den nächsten Weißen der fragt nur 65 Euro.
"Ich musste mich stark zurücknehmen - und das obwohl ich sonst schon ein zurückhaltender Mensch bin", kommentiert Günter Wallraff einen Drehtag, während er abgeschminkt wird. Und jeder selbsternannte Rassenlehrer sollte froh sein, dass die meisten Betroffenen diese täglichen Misshandlungen deart stoisch hinnehmen.
Zum Glück haben wir nun den Beweis dafür, dass wir umdenken müssen, wenn Konflikte eher verhindert als provoziert werden sollen. Den Beweis gibt es Schwarz auf Weiß - beziehungsweise auf 0 und 1, sobald die DVD rauskommt.
Meine Wertung: |
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Filme gehören besprochen. Kinomo! Du fängst an!